René Apel - Ihr Wegbegleiter
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24.10.2019

mobile payment - sollen mal die anderen machen, oder?

Diese Tage gibt es in meine Heimatregion ein Thema, das durch die klassischen Medien und auch durch die sozialen Medien wandert, nachdem eine große lokale Tageszeitung das Thema aufgebracht hat: Wie weit kommt man ohne Bargeld  in der Stadt?
Im ersten Moment wird man sicherlich denken, dass das ja ein alter Hut sein sollte, da die Region Hannover eine der Pilotregionen für die „Geldkarte“ war. Das war zu Zeiten der Expo 2000. Auch ein Projekt, dass nicht so erfolgreich war, wie man vorher dachte. Und jetzt? 19 Jahre später?
Ich bin Verfechter des mobilen Bezahlens, ja, ich nutze sogar meine Smartwatch dafür und habe mir sogar ein extra Girokonto dafür angelegt, da meine Hausbank das noch nicht im Angebot hatte. Ich fand des Gedanken toll, kein Kleingeld mehr in meinem Portemonnaie zu haben, vielleicht sogar die gute, alte Geldbörse zu Hause lassen zu können und „nur“ mit meiner Uhr zu bezahlen.
Ich halte mich jetzt zum Thema „Datenkraken“ bewusst zurück. Das ist nicht mein Fachgebiet. Doch da ich zu der Personengruppe gehöre, die im Regelfall eh das Smartphone in der Tasche bei sich trägt und es mir auch egal geworden ist, ob beim Punktesammeln mein Einkauf analysiert wird, wird Google sicher vor mir wissen, wann ich eines Tages mal Opa werde und wann meine Altersdemenz einsetzt. Aber damit habe ich mich abgefunden. Sollen sie mich doch analysieren. Das machen Marktforscher doch schon, seit ich auf der Welt bin. 

Wie erlebte ich die Realität? Meine erste Zahlung sollte bei einem großen Drogeriemarkt erfolgen. Ich hatte mir die Filiale direkt im Bahnhof ausgesucht und wollte einfach nur ein Getränk kaufen. Würde es funktionieren? Der erste Blick am Eingang, ob ich das Symbol für mobiles payment irgendwie erkennen konnte. Fehlanzeige. Trotzdem fragte ich an der Kasse einfach, ob sie „Apple Pay“ akzeptieren würden. Die Kassiererin guckte mich mit großen Augen an, meine Befürchtungen schienen sich zu Bewahrheiten und ich bekam ein entrüstetes „Na selbstverständlich“ zur Antwort. Respekt Herr Rossmann. Das hat mir wirklich imponiert.
Also, etwas nervös die Uhr über das Lesegerät und warten…..warten….“Schönen Tag noch“ hörte ich es nur. Wie? Schon fertig? Jepp. Bezahlt durch „Handauflegen“ oder eher Handgelenk. Ich war euphorisch. Schöne neue Welt.

Das war vor einigen Monaten. Mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt. Nicht wegen des Systems. Es funktioniert. Sehr gut sogar und wahnsinnig schnell. Ich bin noch immer bei jeder Bezahlung begeistert und viele meiner Mitmenschen verblüfft. Die Ernüchterung wird einzig und allein durch die Händler erzeugt.
Friseur? Fehlanzeige. SB-Tankstelle? Nein. Apotheke vor Ort? Leider nicht. Getränkeautomat am Bahnhof, Parkhausautomat, Parkuhr, Kinokasse….alles Fehlanzeige. Na, wenigstens der Bäcker vor Ort, oder? Also die großen Ketten? Weit gefehlt. 
Doch stopp, zwei lokale Bäcker hatten sich gegenüber der Zeitung geäußert und eine Kette probiert das Zahlen mit Karte an einem Standort aus und eine andere Kette rüstet gar alle 33 Filialen damit aus. Und sie feiern sich als Innovationstreiber. Das ist Deutschland. Kartenzahlung beim Bäcker als Innovation. Hoffen wir mal, dass wenigstens das die Chinesen nicht bald besser können als wir. Ich hoffe, meine Ironie ist zu erkennen.
Ich war dann gestern auch gleich in einer gut frequentierten Filiale. Ich sah an jeder Kasse die Lesegeräte sehr prominent platziert und auch deutliche Aufsteller, welche Zahlungstypen akzeptiert werden. Es war die Mittagszeit, es war viel zu tun, und trotzdem guckte mich die junge Frau für einen Moment seltsam an, als ich meine 5,50€ mit „Karte zahlen“ wollte und meine Uhr über das Lesegerät hielt. Fünf bis sieben Sekunden später leuchteten alle fünf Lichter darauf grün und ich hatte bezahlt. Kein Portemonnaie, kein Kleingeld suchen, keine Gefahr, sich zu verzählen, alles so viel einfach, schneller und auch hygienischer. Eine klassische Win-Win Situation, oder?

Nicht nur, denn natürlich entstehen dem Anbieter also dem Händler Kosten. Die Terminals kosten Geld, die Buchungen kosten Geld, doch die Preise dafür sind in den letzten Jahren deutlich gesunken und werden zukünftig vermutlich noch weiter sinken. Und jedes Unternehmen gibt auch Geld für eine Homepage aus oder für Social Media, um Kunden zu binden und neue zu gewinnen. Welche Bindungswirkung es hat, wenn man als Kunde endlich sein Brot und seinen Kuchen auch mit der Smartwatch zahlen kann, darüber macht man sich womöglich gar keine Gedanken. Meine Frau hat mir gestern dazu erzählt, dass sie erst vor wenigen Tagen Kuchen mitbringen wollte es aber nicht getan hat, weil sie nicht genug Bargeld in der Tasche hatte. Umsatz einfach futsch. Und als Verbraucher hat man Appetit auf Kuchen und bekommt ihn nicht. Angebot und Nachfrage kommen nicht zueinander, weil man am Bargeld hängt. Da kann man doch nur verwundert den Kopf schütteln.
Und wo das Wort „Bargeld“ gerade nochmal gefallen ist: Wir holen uns das Bargeld meist aus dem Geldautomaten. Dieser wird regelmäßig mit Geldscheinen durch Mitarbeiter der Bank oder Dienstleister gefüllt. Wir geben das Geld dann bei den Händlern aus und diese tragen es dann wieder….genau….zur Bank. Die Bank prüft dann das Geld auf Echtheit oder schickt es mit den gut geschützten Transportern zur Bundesbank, damit es dort geprüft wird. Gerade auch die Münzen! Und die Bundesbank schickt dann genau das selbe Geld wieder an eine Bank, die es wieder in den Automaten füllen lässt…..Hase und Igel, oder?

Was das an Kosten produziert, hat der eine oder andere Gewerbetreibende vielleicht in den letzten Jahren schon gespürt, als ihm seine Hausbank die Preise für die Bargeldversorgung erhöht hat. Und was für ein Hohn ist es, wenn wir einfach nur Papier und Metall immer wieder im Kreis drehen, wo wir doch einfach digital bezahlen könnten. Vermutlich mit deutlich weniger CO2 Ausstoß.
Lange Rede: Bargeld macht Arbeit, Arbeit kostet Geld. Bargeld ist ein Risiko. Ein Risiko zu versichern kostet Geld. Bargeld sorgt für Fehler. Fehler kosten Geld. Bargeldzahlung dauern länger als bargeldlose Zahlungen. Zeit ist Geld…..

Und trotzdem war ich in den 30 Minuten beim Bäcker der einzige Kunde, der nicht Bargeld über den Tressen gereicht hat. Doch warum zahlen gerade wir Deutschen so viel mit Bargeld? Warum hängen wir so daran? Die Antwort ist sicherlich eher philosophisch zu beantworten.
Die wirkliche Frage ist ja auch eher: Was kann man als Händler tun, damit die Zahlung per Karte oder Smartphone mehr Akzeptanz findet. Wir müssen die Menschen überzeugen. Im ersten Schritt, sollte die Unternehmensführung von der bargeldlosen Zahlung überzeugt sein. Kann sein, dass dieses Phänomen sowas wie das Internet ist und bald wieder verschwindet, ich denke allerdings eher nicht.

Dann gilt es die eigenen Mitarbeiter zu überzeugen und zu begeistern. Ja, zu begeistern. Denn alles Neue birgt erstmal Unsicherheit und Angst. Unsicherheit und Angst sind bekanntlich schlechte Ratgeber. Und wenn die Begeisterung da ist, heißt es sie hoch zu halten und wirklich jede Chance zu nutzen, Kunden auf die komfortable, sichere und schnelle Möglichkeit aufmerksam zu machen, die Brötchen zu bezahlen. Und das bedeutet Training. Training vor der Einführung, Training während der Einführung und Training danach. Vielleicht sogar einen kleinen Wettbewerb zwischen den Filialen, vielleicht ein Incentive? 
Damit am Ende nicht ein einsames Kartenzahlungsterminal wirklich nur Kosten erzeugt und langsam einstaubt wie das Expo Gelände und die eigene Marktattraktivtät gegenüber den Mitbewerbern weiter sinkt. Am Ende entscheidet wie immer der Kunde, wo er seine Brötchen kauft.

Admin - 10:04:12 @ Allgemein, Digitalisierung, Mobile Payment | 2 Kommentare

  1. Falk

    25.10.2019

    Lieber René,
    ich bin vollkommen Deiner Meinung: es ist einem ja schon manchmal ein bisschen unangenehm oder peinlich, Kleinstbeträge unbar zu zahlen. Ich tue das noch nicht konsequent, aber immer mehr. Auch teile ich Deine Ansicht, dass die Datenkrake uns ohnehin in den Fangarmen hat. Punkte sammeln und gleichzeitig mit der App bezahlen: wunderbar. Warum auch nicht?
    Es geht hierzulande scheinbar nur so, immer weiter das Thema aufzubrechen und einige zu finden, die es aktiv vormachen. Dann kommen wahrscheinlich auch noch andere nach. Und dann immer mehr.
    In diesem Sinne: auf einem bargeldärmere Zukunft - jetzt brauchen wir nur eine gute Lösung für Kinder und die Erklärung des Wertes von Geld. Lass uns denken.
    LG Falk

  2. Rene

    28.10.2019

    Hallo Falk,

    vielen Dank für Dein Feedback. Steter Tropfen….

    Die Problematik mit den Kindern sehe ich auch. Wir müssen ganz neue Erziehungswege finden, damit wir sie an den Umgang mit Geld (oder auch den fehlenden Umgang) gewöhnen.

    Dazu findest Du einige Gedanken von mir auf:

    https://www.patchworkvater.de/2018/03/14/tag-5-papa-was-sind-eigentlich-bitcoins/

    Viele Grüße

    René

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