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25.11.2019

Liebling, ich habe einen Coach….

Immer wieder erlebe ich in Gesprächen mit Freunden, Bekannten, Geschäftspartnern und Kunden, dass es in unserer Gesellschaft scheinbar noch immer ein Zeichen von Schwäche ist, sich phasenweise einen Coach zu buchen. Heute will ich daher mal der Frage auf den Grund gehen, woher das kommt. Die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, sich einen Coach zur Unterstützung zu nehmen, werde ich aus einer gewissen Befangenheit heraus einfach nicht beantworten.

Als erstes habe ich mal im Duden nachgesehen, was ich dort zur Erklärung des Begriffes „Coach“ finde:

1. jemand, der Sportler oder eine Sportmannschaft, auch Manager, Künstler u. a. trainiert, betreut
BEISPIELE
◦ ein erfahrener Coach
◦ der Coach der deutschen Fechter

2. jemand, der [anhand von wissenschaftlich begründeten Methoden] einen Klienten berät und betreut, um dessen berufliches Potenzial zu fördern und weiterzuentwickeln

Das kommt mir schon ganz bekannt vor und klingt doch ganz positiv, oder? Dann fragen wir doch mal Wikipedia:

Coach ([kəʊtʃ], engl. Kutsche, Bus, Lehrer) steht für:
• Trainer, Begleiter, Mentor im Management; vgl. Coaching
• Trainer im Sport
• eine Kutschenbauform; vgl. Kutsche
• eine Automobilbauform; vgl. Coach (Automobilbauform)
• englische Bezeichnung eines Überland- und Reisebusses
• amerikanische Bezeichnung für Eisenbahn-Großraumwagen
• amerikanische Bezeichnung für Economy-Klasse

Was hat denn nun ein Trainer mit einer Kutsche oder einem Eisenbahn-Großraumwagen gemeinsam? Oder ist es nur ein Zufall, dass das Wort die zwei so unterschiedlichen Bedeutungen hat?

Während meiner Ausbildung zum systemischen Coach habe ich gelernt, dass es kein Zufall ist. Leider war die Herleitung des Begriffs vom Wort der Kutsche zu dem Zeitpunkt für mich noch nicht wirklich griffig. Mittlerweile finde ich es aber durchaus schlüssig und sehr passend. Ein kurzer Ausflug in die Geschichte.

All die oben aufgeführten Fortbewegungsmittel bieten die Möglichkeit, einzusteigen und einen Teil der Reise mitzufahren. Der Mensch konnte sie also für einen Teil seiner eigenen Reise nutzen. Doch losgehen und ankommen musste man doch selber, in der Regel zu Fuß. Und jeder Mensch hat die Wahl, ob und welches Fortbewegungsmittel er oder sie nutzt und wie lange.

Wenn ich in der Geschichte mal 100 Jahre zurück gehe und mir vorstelle, ich wollte eine Reise von Punkt A zu Punkt B antreten, dann hätte ich mir überlegt, welchen Teil ich zu Fuß zurück lege und welchen Teil des Weges ich mir Unterstützung suchen würde. Mit diese Unterstützung würde mich sicherer, schneller und effizienter an mein Ziel bringen. Allerdings müsste ich trotzdem noch selber handeln. Ich müsste die ersten Schritte auf jeden Fall selber tun, ich müsste mir ein geeignetes Reisemittel aussuchen und entscheiden, wie lange ich dieses Reisemittel nutze. Und dabei würde ich sicher entscheiden, welches Fortbewegungsmittel mir am meisten hilft, welches ein gutes Preis/Leistungsverhältnis verspricht und welches meinem persönlichen Wünschen und Ansprüchen an die Reise am ehesten entspricht. Und danach hätte ich damals meine Coaches ausgesucht auf meiner Reise durchs Leben. Denn egal ob Kutsche, Eisenbahn oder Auto: Ich komme schneller und bequemer ans Ziel!

Aber zurück in die Gegenwart. Jede Bundesligamannschaft hat Trainer/Coaches, jeder Profitennisspieler, jeder Politiker hat „Ratgeber“. Sind diese deswegen schwach? Warum ist es denn dann so ein seltsames Gefühl, sich selber einen Coach zu nehmen?

Ich denke, die Antwort ist wie so oft in unserer Kindheit und in unseren Glaubenssätze zu finden. Es wird erwartet, dass man sein „Leben selbst im Griff hat“ und „auf eigenen Beinen steht“ und vielleicht sogar „alleine seinen Mann/Frau steht“ und man „schwach ist, wenn man Hilfe braucht“. Puh, dass sind viele Formulierungen, die vermutlich viele gut aus ihrer Kindheit kennen?

„Das bekommst Du bestimmt alleine hin, Du bist doch schon in der vierten Klasse.“ Ein Satz der Selbstvertrauen schenken soll aber der genauso auch signalisiert, dass um Hilfe fragen nur was für die Kleinen ist. Und so wurden wir doch erzogen, oder? Viel „Du schaffst das alleine“ und „Augen zu und durch“. Bei wem entstehen beim dem Satz „Wenn Du wirklich nicht weiter weißt, kommst Du halt zu mir“ positive Gefühle? Und warum wurden wir so erzogen? Warum haben unserer Eltern uns diese Sätze gepredigt? Weil sie wollten, dass wir eigenständig werden und lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Sie wollten uns zu mündigen und selbstbewussten Erwachsenen machen. Und dafür sage ich an dieser Stelle auch mal „Danke“.

So ist es aber kein Wunder, dass es uns so schwer fällt, Hilfe anzunehmen, nach Hilfe zu fragen, sich einen Coach zu nehmen, denn damit sind wir ja irgendwie wieder die Kinder, die nicht mehr weiter wissen. Das will ja niemand gerne sein. Deshalb ist das Bild in der Gesellschaft auch so einseitig, wenn man sich einen Coach nimmt. „Der kommt wohl alleine nicht klar“, heißt es dann. Der braucht wohl eine Therapie….

Hätten die Menschheit immer so gedacht, hätte niemand die Kutsche erfunden, würde es keine Eisenbahn geben und auch keine Autos. Diese Fortbewegungsmittel sind ja ein Zeichen dafür, dass wir es „alleine nicht schaffen“. Mal eben von Hamburg nach Frankfurt? Das geht doch als mündiger Erwachsener auch zu Fuß! Wenn es wirklich nicht klappt, können wir doch noch immer unterwegs um Hilfe fragen, oder? Aber „das kriegen wir doch wohl alleine hin!“

Auch in der Bundesliga sollte man die Trainer abschaffen. Die Spieler kriegen so viel Geld, die werden doch wohl „alleine klar kommen“ und sind doch wohl „groß genug“, um sich selber eine Aufstellung und Taktik zu überlegen. Oder?

Dann lese ich auch noch, dass die nachfolgenden Generationen Y und Z  einen ganz anderen Anspruch an die Führungskräfte haben. Sie wollen, dass sie ihnen unter die Arme greifen, sie unterstützen und eher Coach sind, der sie auffängt, als fordernde Führungskraft, die visionär voran geht und den Weg frei räumt. Und jetzt?

Am Ende ist es nur eine Frage der Perspektive. Ich zumindest nutze gerne die unterschiedlichsten Verkehrsmittel, da sie mich schnell und besser von A nach B bringen als meine Füße. Und ist es nicht ein Zeichen von Stärke und Cleverness, sich dieser zu bedienen, um schnell und trocken von A nach B zu gelangen? Wäre ich besser angesehen, wenn ich den Weg von Hamburg nach Frankfurt zu Fuß gehen würde?
Und welches Unternehmen möchte gerne in der 3. Kreisklasse spielen, statt in der Bundesliga? Denn dort gibt es sie ja noch, die Spielertrainer. Am Ende ist es wohl eine Frage des eigenen Anspruchs und der Perspektive. Es hat jeder selber in der Hand, die Kutsche oder den Zug für einen Teil seines eigenen Lebens zu nutzen.

Admin - 12:14:16 @ Allgemein, Führung, Kommunikation | Kommentar hinzufügen

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